Blog 3: Der Horror vor dem weißen Blatt

Der Horror vor dem weißen Blatt

Von Blockaden beim Malen und Schreiben, von Hemmungen und unserer Abhängigkeit vom Feedback anderer handelt dieser Artikel. Außerdem gebe ich Tipps, diese Blockaden zu überwinden und konkrete Anregungen fürs Malen und Schreiben. Damit wir den Horror vor dem weißen Blatt abstreifen und nicht in Angststarre verfallen.

Blockaden beim Malen oder Schreiben

Vielleicht wollen Sie gern malen oder zeichnen, aber es geht einfach nicht. Sie sind ja so „unbegabt“, so… Sie können das einfach nicht. Oh Schreck, welch ein Horror!

Oder Sie würden gern schreiben. Eine Geschichte, einen Artikel, einen Leserbrief, eine Diplomarbeit, ein Gedicht, ein Tagebuch, ein Buch… Aber irgendwie geht es nicht (weiter).

Vielleicht landeten viele begonnenen Blätter gleich wieder zerknüllt im Papierkorb. Oder aber sie fangen gleich gar nicht an. Denn,… wahrscheinlich kommt sowieso nichts dabei heraus.

Was unsere Kreativität blockiert

Wie gut ich das kenne! Obwohl ich Maltherapeutin bin, habe ich diesen Horror vor dem weißen Blatt auch jetzt noch immer wieder. (Übrigens auch beim Schreiben.)

Vielleicht haben wir unangenehme Erinnerungen an unseren Zeichenunterricht in der Schule. Bei mir war das jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil, ich habe den Zeichenunterricht immer als besondere Zeit im Schulalltag genossen.

Wenn wir blockiert sind liegt das

      • vielleicht an unserem weit verbreiteten Leistungsdenken,
      • an unseren hohen Ansprüchen an uns selbst
      • und am Anspruch, dass doch bitte ein präsentables Ergebnis herauskommen sollte.
      • Vielleicht blockiert uns die Angst vor Kritik, die Angst, dass unsere ART nicht ankomm

Bewertungen und Feedback

Hm… wann beginnen diese hemmenden Gedankenmuster? Kleine Kinder haben das ja nicht. Sie greifen im Allgemeinen gern zu Stiften und kritzeln damit Blätter voll. Oder auch nicht. Oft genügen ihnen einige wenige Striche und sie machen dabei einen zufriedenen Eindruck. Irgendwann beginnen sie dann Menschen in ihrer Umgebung zu fragen, ob ihnen gefällt, was sie gezeichnet haben. Als soziale Wesen sind wir ja auf das Feedback von unserer Umgebung angewiesen. Was haben wir da gehört? Vielleicht:

      • „Schön“
      • „Schiach“
      • „Das hast du (nicht) gut/super gemacht.“
      • „Da hast du dich aber angestrengt!“
      • „Das gefällt mir (nicht).“
      • „MIR gefällt es (nicht).“
      • „Oh, du hast ein Bild gemalt. Hat es dir Spaß gemacht?“…

Wir haben daraus unsere Schlüsse gezogen. Dass wir „begabt“ sind oder eben „nicht begabt“. Dass wir ein gewisses Talent haben oder eben nicht. Irgendwann haben wir das geglaubt und zu unserer Identität gemacht.

Kreative Blockaden überwinden

Wie können wir nun kreative Blockaden los werden?

    • Zuerst empfiehlt es sich, alle Vorstellungen von „richtig“ und „falsch“, „schön“ oder „hässlich“ beiseite zu schieben. Anstatt dessen nehmen Sie eine Haltung der Neugier ein und lassen Sie sich überraschen. Was ist „ungewöhnlich“, „spannend“ oder „kontrastreich“?
    • Quantität vor Qualität: Echt jetzt? JA! Was meinen Sie bringt bessere Ergebnisse hervor: Wenn man versucht ein einziges „sehr gutes/perfektes“ Bild zu malen bzw. einen einzigen „sehr guten/perfekten“ Text zu schreiben oder wenn man viel Verschiedenes ausprobiert? Bei welcher Strategie wird man mehr Spaß und mehr Output haben? Auf welche Weise wird man mehr lernen und mehr Erfahrungen sammeln? Eher dann, wenn man nicht von Vornherein das „perfekte Ergebnis“ anstrebt. James Clear schreibt in einem Kapitel seines Bestsellers „Atomic habits“ (1918) von einer Untersuchung mit Studierenden der Fotografie darüber. (In dem Buch geht es darum, wie man mit kleinen Änderungen von Gewohnheiten langfristig an sein Ziel kommt. Ich fand die Lektüre sehr inspirierend und hatte viele Aha-Erlebnisse.)

Konkrete Tipps um beim Malen den Horror vor dem weißen Blatt zu überlisten:

    • Probieren Sie mit der ungeübten Hand zu zeichnen oder zu malen.
    • Probieren Sie ungewöhnliche Malutensilien: z. B. eine Feder, einen Zweig, eine Gabel
    • Malen Sie mit Fingerfarben und nur mit den Fingern.
    • Probieren Sie wie ein 5-jähriges Kind zu malen.
    • Malen oder zeichnen Sie mit einer Augenbinde und lassen Sie sich überraschen.
    • Machen Sie Farbexperimente: Welche ungewöhnlichen Farbkombinationen fallen Ihnen ein?
    • Machen Sie eine Collage z. B. zum Thema Kreativität!
    • Holen Sie sich meine „Kreativen Impulse für mehr Resilienz: Auszeit für die Seele

Konkrete Tipps um beim Schreiben den Horror vor dem weißen Blatt auszuschalten:

    • Schreiben Sie sogenannte „Morgenseiten„. Eine Anleitung dazu finden Sie in meinem Blog 10.
    • Schreiben Sie Akronyme. Das sind die Anfangsbuchstaben eines bestimmten Wortes. Z. B. SMARTe Ziele, SELBSTFÜRSORGE. Probieren Sie es doch gleich mit dem Wort KREATIVITÄT!
    • Assoziieren Sie! Z. B. zu bestimmten Farben.
    • Finden Sie Metaphern und Vergleiche! Z. B. „Burnout ist wie…“, „(Meine) Kreativität ist wie…“, „(Meine) Angst ist wie…“
    • Schreiben Sie ABC-Listen zu einem bestimmten Thema! Die Anleitung für ein Power-ABC finden Sie bei meinen „Kreativen Impulsen für mehr Resilienz: Auszeit für die Seele
    • Schreiben Sie Gedichte: z. B. Haikus oder „Elfchen“. Eine Anleitung dazu bietet mein Blog 2 zu „Vergnügungen: Gedichte schreiben“

Eine andere Möglichkeit für wertfreies kreatives Schaffen und kreatives Reflektieren bietet die Mal- und Gestaltungstherapie bzw. die Selbsterfahrung mit kreativen Methoden.

Unsere WesensART anerkennen und innere Bilder sichtbar machen

In der Maltherapie meldet sich der Horror vor dem schönen weißen Blatt auch immer wieder einmal. „Gelingt“ dann aber ein Bild, erntet man gern dafür Lob. Man freut sich darüber und spürt vielleicht sogar Stolz. Es kann aber auch gut sein, dass man das Ergebnis selber gaaaanz schrecklich findet und es am liebsten kübeln, würde. Oder man ist selber vom eigenen Bild berührt oder vom Bild anderer Kursteilnehmer/innen…

Beim Malen und Gestalten in der Mal- und Gestaltungstherapie können genau diese Emotionen zum Thema werden. Ebenso unsere eigenen Urteile und Selbstabwertungen. Auch unsere Abhängigkeit vom „Lob“ der anderen, in einer Zeit wo fast alles durch Likes und Dislikes beurteilt wird. Wem wollen oder müssen wir gefallen? Wir tun gut daran uns davon zu emanzipieren und Vertrauen in uns selbst zu entwickeln. 

Das Malen und Gestalten ist eine Sprache, um innere Bilder sichtbar und begreifbar zu machen. Wir kommen unserer WesensART näher und finden dafür einen Ausdruck. Es wird eine Verbindung zum Unbewussten hergestellt. Innere Prozesse und Gefühle werden veranschaulicht. Wir werden immer mehr zu denen, die wir sind. Wir gewinnen Selbstvertrauen und Handlungsmacht. 

Kennen Sie den Horror vor dem weißen Blatt? Wie überwinden Sie ihn?

2 Kommentare

  1. Celine Tüyeni

    Oh ja den kenn ich gut. Ich würde auch gern mehr malen und scheitere damit oft an mir selbst. Denn wenn ich etwas anfange, soll es ja gut werden. Sonst ist es Papier-, Farb- und Zeitverschwendung.

    Gut, gell? 😉

    Davor habe ich keine Angst vorm Schreiben!

    Antworten
    • Maria Gabriel

      Hallo Celine,

      😉! Ja, unsere Ansprüche sind für unsere Kreativität oft nicht ganz förderlich. Emanzipation vom Ergebnis täte uns da gut.

      In der Mal- und Gestaltungstherapie gibt es auch Methoden, wo mensch Hemmungen abbauen kann: 2-Minuten-Gefühlsbilder, malen oder formen mit geschlossenen Augen, Mess-Painting, Collagen, spachteln, mit der ungeübten Hand malen… Oder wir arbeiten mit Bildkarten… Je nach Vorlieben und Vorerfahrungen der Person.

      Dir viel Flow beim Schreiben!

      Lieben Gruß
      Maria

      Antworten

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