Künstlertreff: Ein besonderes Date – mit sich selbst

KÜNSTLERTREFF: Ein besonderes Date – mit sich selbst

Ein Künstlertreff ist eine besondere Zeit: nämlich mit sich selbst. Dieser Artikel will Ihnen das Werkzeug der „Künstlertreffs“ der amerikanischen Kreativitätstrainerin Julia Cameron nahe bringen. Ich will Ihnen diese Künstlertreffs für die Belebung Ihrer künstlerischen und kreativen Praxis schmackhaft machen.

Künstlertreff nach Julia Cameron

Bei „Künstlertreff“ denken Sie vielleicht an ein Treffen unter Künstler*innen oder ein Treffen mit eine*r Künstler*in. Julia Cameron versteht darunter ein Treffen mit sich selbst zur Nährung und Förderung des eigenen künstlerischen Teils. Ausführlich darüber schreibt sie in ihrem Buch „Der Weg des Künstlers. Ein spiritueller Pfad zur Aktivierung unserer Kreativität“ aus dem Jahr 1992. Es ist ein 12wöchiger Kurs die eigene Kreativität zu entfalten. Denn viele Menschen wollen kreativ und eventuell sogar künstlerisch tätig sein, sind aber irgendwie blockiert. Wenn Sie also eine regelmäßige kreative oder künstlerische Praxis entwickeln wollen, kann ich das Buch sehr empfehlen. Es gibt das Buch auch als Übungsbuch.

Künstlertreffs als Werkzeug für Kreativität

Die Autorin empfiehlt in ihrer Anleitung zwei grundlegende Tools auf dem spirituellen Weg zu unserer Kreativität: Ein Werkzeug sind die  täglichen Morgenseiten. Das andere Werkzeug ist der wöchentliche „Künstlertreff“ mit sich selbst. „Ein nachhaltiges Erwachen der Kreativität verlangt die konsequente Anwendung beider Techniken.“ (Der Weg des Künstlers, S. 31) In ihren Kursen verpflichten sich die Teilnehmenden selbst zur Anwendung dieser Tools. Ungeachtet aller Verpflichtungen des Alltags, ungeachtet der momentanen Lust.  Zeitlich muss man für den Kurs sieben bis zwölf Stunden in der Woche einplanen (Durcharbeiten der Kapitel inkl. Schreibaufgaben, Morgenseiten, Künstlertreff).

Meine Erfahrungen mit dem Buch

Das Programm von „Der Weg des Künstlers“ war für mich herausfordernd. Die Autorin stellt viele Schreibaufgaben.  Ich gestehe, dass ich es nicht geschafft habe, das ganze Buch durchzuarbeiten. Als ich vor etlichen Jahren damit angefangen habe, blieb ich dann bei Woche 8 (von 12) stecken.

Dennoch sind die zwei Werkzeuge der Morgenseiten und der Künstlertreffs prägend für mein Leben geworden. Beide tragen sehr zu meiner Lebenszufriedenheit bei. Über die Morgenseiten habe ich bereits geschrieben. Hier widme ich mich dem Tool der „Künstlertreffs“.

Künstlertreff Postkarte

Was ist nun ein „Künstlertreff“?

„Ein Künstlertreff ist ein wöchentliches Zeitfenster von vielleicht zwei Stunden, das Sie sich freihalten, um Ihr kreatives Bewusstsein und Ihren inneren Künstler zu nähren. In seiner ursprünglichsten Form ist der Künstlertreff ein Ausflug, eine Verabredung zum Spielen, die Sie im Voraus planen und gegen alle Übergriffe verteidigen. Sie nehmen niemanden auf diesen Künstlertreff mit außer Ihren inneren Künstler beziehungsweise Ihr kreatives inneres Kind.“ (S. 46)

Also: Ein „Künslertreff“ nach Julia Cameron ist

    • geplant
    • ein Date nur mit sich allein
    • dient der Freude und dem Spielen

Ein besonderes Date: Mit sich selbst!

Es bedeutet qualitativ hochwertige Zeit mit sich selbst zu verbringen. Dem kreativen inneren Anteil Aufmerksamkeit und Zeit zu schenken. Glauben Sie mir, das ist gar nicht so leicht durchzuhalten! Wenn man es ausprobiert, kommt man garantiert mit Widerständen in Kontakt. Wir finden sehr leicht und sehr überzeugende Gründe, warum wir dieses Mal unser Vorhaben nicht umsetzen können. Das Wetter, fehlende Lust, die Bedürfnissen unserer Familienmitglieder, Arbeitsanforderungen, körperliche Unpässlichkeiten, Anfragen von Freund*innen und Bekannten…

Künstlertreffs und Widerstände 

Die Widerstände zeigen wie leicht und automatisch wir bereit sind, Verpflichtungen und Anliegen von anderen über unsere eigenen zu stellen. Aber was ist mit der Verpflichtung, die wir uns selbst gegenüber haben??? Die Selbstverpflichtung zur eigenen Freude vernachlässigen wir gerne und schnell, um für die Bedürfnisse anderer und Anforderungen von außen da zu sein. Wie geht es uns dabei?

Hindernisse sind bei Künstlertreffs vorprogrammiert. Julia Cameron vergleicht diesen Widerstand mit Angst vor Nähe in problematischen Beziehungen. Wenn es schwierig wird und wir bestimmte Wahrheiten ignorieren wollen, gehen wir in die Vermeidungshaltung. Wir vermeiden die Auseinandersetzung, weil wir uns Schmerzen ersparen wollen. Wenn wir unsere Künstlertreffs schwänzen, vermeiden wir die Auseinandersetzung mit uns selbst. Wenn wir sie hingegen wahrnehmen, vertiefen wir die Beziehung zu uns selbst und nähren sehr wesentliche Anteile.

Künstlertreff: Sich Zeit nehmen und sich nähren

Natürlich ist es erfüllend, für andere da zu sein und gebraucht zu werden. Es ist schön, sich in einem sozialen Gefüge zu wissen, das sich gegenseitig stützt und trägt. Allerdings dürfen wir ganz persönlichen Projekten genauso Raum geben. Wenn wir dies zu lange verabsäumen, werden wir unzufrieden, grantig und im schlimmsten Fall sogar krank. Es ist gesund und förderlich für uns, wenn wir aktiv für uns und unsere Anliegen eintreten. Es tut uns gut, uns mußevolle Zeiten zu nehmen!

Bei den „Künstlertreffs“ geht es nicht um Ego-Trip! Wir sprechen lediglich von einem Zeitfenster von etwa zwei Stunden in der Woche! Diese Zeit verbringt man konsequent allein mit sich und verwirklicht ein Vorhaben, das die/den inneren Künstler/in nährt!!! Dieses Zeitfenster lässt sich auch ausdehnen auf zwei Treffen pro Woche und gelegentlich einen ganzen Tag.

Konkrete Vorschläge von Cameron für einen Künstlertreff

Mögliche Unternehmungen für so einen Künstlertreff sind:

    • Spaziergang
    • Besuch eines Flohmarkts
    • Besuch einer Kunstgalerie
    • Besuch in einer Tierhandlung
    • Ausflug
    • Konzert
    • Kirchenbesuch
    • Erkunden eines fremden Stadtteils
    • Kegeln
    • Barfuß gehen
    • Tanzen
    • Gedichte schreiben (z. B. Haikus, Elfchen…)
    • Eine Farbe wählen: bei einem Spaziergang Motive mit dieser Farbe fotografieren
    • Mit Fundstücken aus der Natur ein Kraftwort legen

Nach jedem Kapitel fragt Julia Cameron: „Haben Sie Ihren Künstlertreff durchgeführt? Was haben Sie unternommen? Wie haben Sie sich dabei gefühlt?“

Ihre eigenen Ideen für Ihre Künstlertreffs?

Haben Sie Lust bekommen, sich auf den Pfad des Künstlers zu begeben? So fasse ich nun vier Vorschläge zusammen, wie Sie eigene Ideen für Ihre Künstlertreffs sammeln können:

1. Schreiben Sie eine Liste von mindestens 20 Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten (würden). Daneben vermerken Sie, wann sie diese zuletzt gemacht haben. Auf welche dieser Aktivitäten haben Sie als nächstes Lust? Bestimmen Sie zwei davon und machen Sie einen Kalendereintrag für sie! (Cameron, S. 106)

2. Gestalten Sie eine Collage zu folgendem Satz: „Wenn ich daran glauben würde oder das Geld dafür hätte, dann würde ich…“ Vervollständigen Sie diesen Satz mit Bildern aus Zeitschriften und sammeln sie diese auf einem Blatt Papier (eher großes Format, zumindest A3 oder mehrere Blätter A4)

3. Was würden Sie gern ausprobieren? Schreiben Sie zu jedem Satzanfang mehrere Punkte! (Beispiele: Allein tanzen gehen, Flugstunden nehmen, Kurs in Aktzeichnen belegen…)

    • Wenn es nicht so verrückt klänge, würde ich… schreiben oder machen. (S. 131)
    • Wenn es nicht zu spät wäre, würde ich… (S. 131)
    • Wenn ich ein wenig lockerer sein könnte, würde ich… (S. 131)
    • Was mir Spaß macht, aber ich selten mache, ist… (S. 131)
    • Früher habe ich gern… (S. 152)
    • Wenn es nicht zu egoistisch wäre, würde ich… (S. 176)
    • Abenteuer, die ich gern erleben würde… (S. 181)
    • Vergnügungen, die ich auf „irgendwann mal später“ verschoben habe… (S. 181)
    • Gegenstände, die ich gerne besitzen würden… (S.  181)

4. Planen Sie einen erweiterten Künstlertreff von einem Tag!

Bei all diesen Tätigkeiten legen Sie bitte den Fokus auf Spaß und Vergnügen. Sie sollen Ihre gewohnten Handlungsmuster unterbrechen und Neues ausprobieren. Sie dürfen Ihrer Verspieltheit und Ihrer Experimentierfreude nachgehen. Das nährt Ihr inneres Kind und Ihren inneren Künstleranteil gleichzeitig. Sie sollen auch merken, wenn Arbeitssucht oder andere Verpflichtungen Sie von Ihrem Vorhaben abbringen möchten. Julia Cameron bezeichnet die Künstlertreffs als „notwenigen Spaß“ (S. 109) auf dem spirituellen Pfad zur Aktivierung von Kreativität.

Also dann: Rein ins Vergnügen und planen Sie einen Künstlertreff! Es muss gar nicht aufwendig sein!!!

    Ich wünsche Ihnen viele schöne, belebende und inspirierende Künstlertreff-Erlebnisse!

    Schreiben Sie mir EINE KURZE nachricht, wenn Sie an einer Austauschgruppe interessiert wären!

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